Die Meerengen

Die Dardanellen

Geographische Lage:

Die Dardanellen (türkisch: Canakkale Bogazi) sind eine schmale Wasserstraße zwischen der Halbinsel Gallipoli an der Nordseite und dem kleinasiatischen (anatolischen) Festland an der Südseite. Sie verbinden das Mittelmeer mit dem Marmara-Meer. Von dort kann man durch den Bosporus bei Istanbul in das Schwarze Meer gelangen. Die Dardanellen sind rund 70 km lang. Die Tiefe beträgt durchschnittlich 50 m. Von Norden kommend sind die Dardanellen zunächst nur 4,5 km – 5 km breit. Bei Nagara, auf der Hälfte der Strecke, verengen sie sich auf 1,4 km und sind beim Bogen von Canakkale nur noch 1,3 km breit. An diesen beiden Punkten lagen die Hauptbefestigungen der Türken, um die Straße in Kriegszeiten sperren zu können. Außerdem ist die Durchfahrt wegen einer starken Strömung ohne Hilfe durch einen Lotsen nur sehr schwer möglich. Am Ausgang der Dardanellen in das Mittelmeer liegen noch zwei Inseln: Imbros (Gökceada) vor Gallipoli und Tenedos (Bozcaada) vor der anatolischen Küste. Während der Schlacht von Gallipoli 1915 waren sie wichtige Flottenstützpunkte der alliierten englisch-französischen Streitkräfte.

Das asiatische Ufer der Dardanellen ist reich gegliedert: waldreiche Bergrücken und fruchtbare Flussebenen. Das größte Flusstal ist das Flusstal des Menderes, der an der asiatischen Ecke der Dardanellen ins Ägäische Meer (Teil des Mittelmeeres) mündet. Dicht an seinem Ufer hat das alte, durch den griechischen Dichter Homer bekannte Troja gelegen. Es wurde Ende des 19. Jahrhunderts von dem deutschen Archäologen Schliemann wiederentdeckt. Das europäische Ufer auf der Halbinsel Gallipoli (90 km lang) ist sehr bergig, mit teilweise sehr steilen Hängen. Nur an wenigen Stellen gibt es flache Strände.

Geschichte:

Die Dardanellen haben seit alten Zeiten im Mittelpunkt der Weltpolitik gestanden. Sie sind der Schlüssel zu Istanbul (Konstantinopel); die Brücke zwischen Europa und Asien. Im Altertum war diese Landbrücke sehr wichtig.

Im Jahr 400 v.Chr. überschritt der Perserkönig Xerxes die Meerenge bei Nagara, um auf dem Landweg nach Griechenland zu kommen. 334 v.Chr. setzte Alexander der Große hier über, um Kleinasien zu erobern. Danach spielte die Meerenge über viele Jahrhunderte keine besondere Rolle mehr, weil für die römischen Kaiser das westliche Mittelmeer wichtiger wurde. Erst mit dem Erstarken der türkischen Herrschaft im 14. Jahrhundert wurden die Dardanellen wieder bedeutsam.1433 wurde Konstantinopel (Istanbul) endgültig von den Türken erobert. Seitdem sind die Dardanellen türkisch geblieben. Der Sultan des Osmanischen Reiches verhinderte bis ins 17. Jahrhundert jedes Durchfahren der Meerenge. Handel im Schwarzen Meer durfte nur auf türkischen Schiffen betrieben werden. Mit dem Auftreten der Russen am Schwarzen Meer unter Zarin Katharina der Großen um 1770 wurde die Meerengen-Frage neu lebendig. Handelsschiffe durften jetzt zwar die Enge durchfahren, für Kriegsschiffe war es aber weiter verboten. 1799 erreichte Russland die Durchfahrt seiner Kriegsschiffe, als die Türkei in Ägypten mit den französischen Truppen unter Kaiser Napoleon im Kampf war. Aber nach der Schlacht von Austerlitz 1805 verboten die Türken von neuem die Durchfahrt. Die Folge war ein Russisch-Osmanischer Krieg, der 1809 durch einen Friedensvertrag beendet wurde. Jetzt schaltete sich Großbritannien ein und erreichte die Sperrung der Meerengen für alle Kriegsschiffe. Der Britisch-Russische Gegensatz in der Meerengenfrage trat zum ersten Mal auf. Der Friede von Adrianopel 1829 erlaubte die Durchfahrt sämtlicher Handelsschiffe, so dass der Handel im Schwarzen Meer kein türkisches Monopol mehr war. 1841 kam in London die erste Meerengenkonvention zustande. Die Dardanellen wurden eine Angelegenheit der internationalen Politik. Die Türkei wurde im Grund von der Hoheit über die Meerengen ausgeschlossen. Die europäischen Staaten setzten allein die Bestimmungen fest. Nach dem Abschluss des Krimkrieges 1856 wurde der alte Vertrag erneuert: Die Bedeutung der Meerenge für Russland und die Türkei war zu Gunsten der großen Weltmächte Großbritannien und Frankreich aufgehoben. Die Türkei wurde von Großbritannien als Puffer gegen Russland benutzt, um die Russen aus dem Mittelmeer fernzuhalten. Der Deutsch-Französische Krieg gab den Russen die Möglichkeit, ihre Forderungen von Neuem anzumelden. Im März 1871 wurde in London der Pontus-Vertrag (Meerengenvertrag) geschlossen. Das bedeutete, dass in Friedenszeiten der Sultan entscheiden konnte, ob er Kriegsschiffe passieren ließ. Noch einmal musste durch den Berliner Kongress 1878 die Meerengenfrage geklärt werden, da ein weiterer Russisch-Osmanischer Krieg 18777/1878 keine Klärung gebracht hatte. Die Russen mussten kurz vor Istanbul ihre Truppen stoppen, da eine britische Kriegsflotte mit einem Angriff auf sie drohte.Der „Kranke Mann am Bosporus“ wurde wieder einmal durch die Eifersucht der Großmächte gerettet. Die Briten wollten nicht, dass Russland in diesem Teil Europas zu stark wurde. Die Türkei behielt die Hoheit über die Dardanellen und wurde nicht vollständig aus Europa verdrängt, wie es Russland und auch Teile der französischen Regierung wollten. Auf Betreiben Großbritanniens wurden die Befestigungen der Dardanellen weiter ausgebaut.

Als die britische Militärmission 1914 aus der Türkei abzog, waren die Verteidigungsanlagen der Meerenge aber schon wieder veraltet. Neue Entwicklungen in der Waffentechnik hatten dazu geführt, dass sie mit den vorhandenen Geschützen und Sperren nicht mehr sicher zu verteidigen waren.

Mit dem Eintritt des Osmanischen Reiches in den Ersten Weltkrieg auf Seiten Deutschlands und Österreich-Ungarns übernahmen deutsche Militärs die Neuorganisation der Verteidigung. Die Waffen lieferte die deutsche Firma Krupp.

Die Sage von Hero und Leander:

Die griechische Sage von Hero und Leander beschreibt die Liebe zwischen diesem Paar, das durch die Dardanellen getrennt war. Leander durchschwamm jede Nacht die Meerenge, um mit Hero vereint zu sein. Damit er den Weg finden konnte, hatte Hero eine Lampe als Wegweiser am Meeresrand aufgestellt. Als die Lampe eines Tages in einem Sturm erlosch, verirrte sich Leander auf dem Meer und ertrank. Am nächsten Morgen entdeckte Hero seinen Leichnam und stürzte sich verzweifelt von einer Klippe in den Tod.  


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